Die Schlösser und Gärten des Landes

Die Mark kam erst 350 Jahre nach dem Tod von Karl dem Großen zu den deutschen Gebieten und wurde zunächst weder von den herrschenden Fürsten noch von der Ergiebigkeit des Bodens begünstigt. Man nannte es „Die Streusandbüchse des Heiligen Römischen Reiches“. So ist es nicht verwunderlich, dass dieses Gebiet kunsthistorisch zunächst nur eine untergeordnete Rolle spielte.


Das änderte sich grundlegend mit der Regierung des Großen Kurfürsten, seines Sohnes, Enkels und Urenkels. Der erste dieser Reihe, Friedrich Wilhelm, baute nach dem 30jährigen Krieg das geschundene Land wieder auf und verdrängte die Schweden aus dem Land. Sein Sohn Friedrich I., „König in Preußen“, nicht „von“ Preußen, das ließ der Kaiser in Wien nicht zu, sorgte für den wohlklingenden Namen eines Königreiches, dessen Sohn, Friedrich Wilhelm I., sorgte für die nötige Armee des Staates – und dessen Sohn wieder, Friedrich II., genannt der Große, setzte diese Armee skrupellos aber geschickt ein, vergrößerte das Staatsgebiet und machte aus Preußen eine Großmacht.


Nun war Brandenburg keine kleine Markgrafschaft mehr, sondern das Herzstück eines mächtigen Reiches. Adelige Familien aus der Verwaltung und aus dem Militär schufen sich standesgemäße Schlösser und Herrenhäuser und umgaben diese mit Parks und herrschaftlichen Gärten. Das ging so vom Ende des 17. Jahrhunderts bis zum Ende des 1. Weltkrieges.


Damit haben wir – natürlich mit Ausnahme der auch aus früherer Zeit stammenden Bauten in Städten und einigen Klöstern – das kulturelle Erbe unseres Landes. Wir wollen aber nicht verkennen, dass Brandenburg nach diversen Kriegen sein Gebiet auf Kosten von Sachsen mehrmals nach Süden ausdehnte und dadurch mehrere bemerkenswerte Schlösser zusätzlich in sein Gebiet übernahm.


Der für Kunsthistoriker führende Maßstab für die Betrachtung von Werken der Architektur, der „Dehio“, benannt nach dem Begründer der Bände über Deutschland, widmet unserem Land wie auch Berlin je einen Band. Das ist nicht übermäßig viel, vergleicht man es mit Bayern, womit sich 5 Bände befassen, aber es ist auch nicht unter dem Durchschnitt. In jedem Dehio gibt es die Bewertung besonders wichtiger Bauten oder von Ausstattungen in ihnen mit einem Stern. Durchsucht man nun unseren Band, so kommt man auf 27 Schlösser, die aus der Vielzahl der im Lande vorkommenden Herrenhäuser herausragen. Diese seien hier einzeln mit Stichworten aufgeführt:


Altdöbern (1717 mit Park, Umbau im 19.Jh., bemerkenswertes Treppenhaus), Bad Belzig (Reste einer mittelalterlichen Burg der Wettiner, später Jagdschloss im Fläming), Boitzenburg (Familie von Arnim, Prunkbau des 19. Jh. mit großem Landschaftspark ), Branitz bei Cottbus (Fürst von Pückler-Muskau, Schloss von Semper und berühmter Park von Pückler, Sammlung von Blechen-Bildern), Caputh (1675, wichtiges Schloss der frühen Zeit, mit Garten von Lenné), Demerthin (1589-1604, einziges kaum verändertes Renaissance-Schloss, noch sehr bescheiden) nahebei Freyenstein (1556, deutlich anspruchsvoller, aber nur ein Rest erhalten), Doberlug-Kirchhain (1550 ehemaliges Wasserschloss neben einer der wenigen romanischen Klosterkirchen), Fürstlich-Drehna (Ursprung Renaissance, großer Park), Kunersdorf (das Schloss ein Kriegsverlust, aber im Park das Erbbegräbnis von Lestwitz-Itzenplitz, berühmtes Werk des Klassizismus), Groß Rietz (1685, Frühbarock mit Parkanlage des 19. Jh.), Lieberose (Vierflügelbau, zumeist Barock, mit opulenten Stuckdecken, vermutlich von Italienern), Martinskirchen (1754-56 für den sächsischen Grafen von Brühl mit herausragendem Festsaal des Dresdener Barock, seit 1815 Brandenburg), Meseberg (ehemals Sitz des Preußenprinzen Heinrich, der später nach Rheinsberg zog und Meseberg seinem vermutlich Geliebten übertrug, heute Gästehaus der Regierung), Neu-Hardenberg (berühmter klassizistischer Bau von Schinkel für den Fürsten von Hardenberg, dem Initiator der Hardenbergschen Reformen, der Schlosspark von Lenné), Oranienburg (1651-55 vom Großen Kurfürsten für seine Frau Luise Henriette, erster Bau nach dem 30jährigen Krieg), dann sechsmal Potsdam: Potsdam-Babelsberg, Potsdam-Cecilienhof, Potsdam-Charlottenhof, Potsdam-Sanssouci und Neues Palais, Schloss Lindstedt (berühmte Bauten des 18., 19. und 20. Jahrhunderts, unter UNESCO-Weltkulturerbe, insgesamt ein eigenes Kapitel), Rheinsberg (1566 begonnen, 1733 umgebaut als Sitz des Prinzen Friedrich von Preußen, neben den Schlössern von Potsdam die populärste Anlage), Steinhöfel (Ende des 18. Jahrhunderts von David Gilly mit einem der frühesten Landschaftgärten in der Mark), Wiesenburg (Bau des 16.-19. Jh. mit bemerkenswertem Park), Wiepersdorf (1731-38, später Wohnsitz von Bettina und Achim von Arnim, heute Begegnungsstätte für Künstler und Literaten), Ziesar (einzige bemerkenswerte Burg des Mittelalters, Sitz der Bischöfe von Brandenburg, kunsthistorisch wertvolle Burgkapelle von 1470 mit gut erhaltener Ausmalung der Zeit).


Wir haben diese Schlösser deshalb sämtlich hier aufgeführt, weil sie als Anregungen dienen können, unser Land zu Ausflügen zu durchstreifen und dabei Ziele vorzufinden, die in der Kombination von anspruchsvollen Bauten und diese umgebende Parkanlagen dem von uns gewählten Namen, einer „Märkischen Kulturlandschaft“ am ehesten entsprechen.


Da aber auch der gründlichste Kunsthistoriker nicht immer allein der Maßstab sein kann, ergänzen wir diese Liste durch weitere 16 Beispiele, die zwar keinen Stern erhielten, aber dennoch ausgiebig gewürdigt werden:


Ahlsdorf (1709-20, mit barockem Garten, der Mitte des 19. Jh. landschaftlich überformt wurde), Blankensee (war um 1900 Wohnsitz des Dichters Herrmann Sudermann, der den Park mit Spolien aus Italien verzierte), Finsterwalde (Bau der Renaissance auf älteren Resten, sächsisch, ohne Parkanlage), Großkmehlen (sächsische Renaissance-Anlage, direkt an der Landesgrenze, mit ausgedehntem Schlosspark), Groß Leuthen (ehemalige Wasserburg, mehrfach umgebaut, zuletzt 1913, mit Parkanlage direkt am See), Königs Wusterhausen (einfaches Schloss vor 1700, der vom Franzosen Godeau angelegte Park neu geschaffen), Liebenberg (Mitte des 18. Jh., mehrfach umgebaut, mit hervorragenden Park, barocker Terrassengarten von Lenné umgeformt), Lindenau (Neubarock überformter Renaissancebau mit großem Landschaftspark), Lübbenau/ Spreewald (1817-20, heute Hotel, Landschaftspark, der in den Spreewald übergeht), Märkisch Wilmersdorf (1901 erneuert in neugotischem Tudorstil, mit dendrologisch bedeutendem Park), Neudeck (vom 16. bis 20. Jh. gebaut, Park 1904-05 mit alten barocken Elementen), Paretz (1797 von David Gilly, der auch den Plan für das ganze Dorf entwickelte, Lieblingsplatz der Königin Luise), Petzow (Stadt Werder, Bau wohl von Schinkel mit hervorragendem Park von Lenné), Prötzel (vermutlich von Andreas Schlüter – und wenn, dann der einzige Bau dieses großen Architekten in der Mark, das Schloss und vor allen Dingen der Park stark verwahrlost), Reckahn (nahe Brandenburg, 1727-29 in französischem Stil mit großem Park, der schon ab 1760 nach dem Muster von Dessau-Wörlitz angelegt wurde), Wustrau (1750 als Schloss für den General von Zieten, mehrmals umgebaut, der Reiz der Gartenanlage vom Beginn des 19. Jh. liegt in der Einbeziehung des Dorfes und der umgebenden Landschaft in die Gesamtgestaltung).


Niemand hat die genaue Zahl der Schlösser und Herrenhäuser hierzulande ermittelt, Schätzungen schwanken aber immerhin zwischen 400 und 500 Objekten.