Der Spreewald
Im südlichen Brandenburg liegt zwischen Cottbus und Lübben das Biosphärenreservat Oberspreewald, ein Gebiet, in dem in den Niederungen des Spreelaufes dieser Fluss in unzählige Wasserarme aufgeteilt wurde, „Fließe“ genannt. Diese waren bis weit in das vorige Jahrhundert hinein oft der einzige Verbindungsweg zu den kleinen Orten oder einzeln liegenden Gehöften. Nördlich von Lübben vereinigt sich die Spree, um kurz darauf im Reservat Unterspreewald wieder in dutzende Fließe sich aufzusplittern. Das gesamte Gebiet umfasst etwa 270 Quadratkilometer, die Länge aller Fließe schätzt man auf insgesamt etwa 1.000 km.
Dieses wurde nach der Landnahme der Deutschen im 12. Jahrhundert zum Rückzugsgebiet der westslawischen Sorben, auch Wenden genannt. Die Sorben haben bis heute an ihrer slawischen Sprache festgehalten, wenngleich sie alle auch Deutsch als Umgangssprache haben. Die Ortsnamen sind alle wieder zweisprachig, was in der Zeit des Dritten Reiches nicht geduldet wurde, obwohl die Eigenart der Sorben halbwegs toleriert wurde. Heute leben noch etwa 60.000 dieses Volksstammes in Brandenburg und im angrenzenden Sachsen, wo es der Sorbe Jaroslaw Tillich immerhin zum Ministerpräsidenten brachte.
Das Gebiet wird landwirtschaftlich genutzt und ist zudem ein ausgesprochener Tourismusschwerpunkt, denn der Spreewald ist ein einzigartiges Landschaftserlebnis. Das fällt dem zu Lande durchstreifenden Touristen nicht auf, da unterscheidet sich dieser Teil nicht bemerkenswert von anderen Teilen von Brandenburg. Fährt man allerdings über die Fließe durch das Land, eröffnet sich ein Panorama besonderer Art. Es ist, als ob man in eine Wildnis eintaucht, vergleichbar den Everglades oder dem Orinoco. Was man aber meiden sollte, ist das was leider fast alle Touristen machen, sich einer Kahnfahrt anzuschließen, denn dort sitzt man eng gedrängt und ist - wenn man Pech hat - den oft albernen Witzen des Kahnfährmannes ausgeliefert, der zum Beispiel gerne vor Schlaglöchern auf den Wasserwegen warnt.
Man leihe sich ein Kanu und versuche, von den Hauptwasserwegen in stille Seitenkanäle auszuweichen, da eröffnet sich der ganze Zauber. Überall sieht man Störche, in strengen Schutzgebieten sogar Schwarzstörche, findet Reiher, selten sogar Kraniche. Der Autor dieser Zeilen hatte eine Zeit lang ein typisches Haus in sorbischer Bauart, das heißt aus Holzbalken gefugt und – wegen der früher häufigen Überflutung im Frühjahr – auf Findlingen gelagert, und sah auf Touren seltene Tiere wie Eisvogel, Uhu, Biber oder Fischotter. Das heißt, der Fischotter ist im Spreewald selbst gar nicht selten, mit 800 geschätzten Tieren leben rund zwei Drittel des gesamten Bestandes in Deutschland in diesem Teil. Was man zudem häufig sieht sind Nutrias, Libellen aller Art – und natürlich Mücken.
Der typischste Ort im Spreewald ist Lehde, heute ein Ortsteil von Lübbenau. Hier findet man fast ausschließlich die sorbischen Häuser, im Zentrum angelegt ein hineinpassendes Freilichtmuseum. Leider muss man aber erst recht hier mit dem großen Ansturm von Touristen rechnen. Ein Tipp, der das umgeht und auch für diejenigen, die sich auf eine eigene Kanu-Tour nicht einlassen wollen: es gibt einen Wanderweg, der auch zu Lande den Zauber des Spreewaldes erschließt, er geht von Lehde zum Nachbarort Leipe und verläuft immer entlang eines Fließes. Der Nachteil: man muss denselben Weg von rund 7 km wieder zurück gehen.