Die Hauptstadt Potsdam
Diese Stadt liegt in einer bemerkenswert schönen Lage, die auch die Hohenzollern anlockte, dort ihre Schlösser zu errichten und Potsdam neben ihrer Residenz Berlin zu dem wichtigsten Wirkungsort auszubauen. Die Schlösser und Gärten von Sanssouci, von Babelsberg oder dem Neuen Garten sind in Brandenburg unangefochten die Hauptsehenswürdigkeiten und stehen unter dem Schutz des Weltkulturerbes.
Schon in der Vorkriegszeit gingen Kunsthistoriker bei der Besprechung der architektonischen Sehenswürdigkeiten des noch unzerstörten Berlin davon aus, die größte Bedeutung in dieser Beziehung habe die unmittelbar angrenzende Nachbarstadt Potsdam. Das ist auch heute zutreffend, wo Berlin rund zur Hälfte zerstört worden ist und Potsdam immerhin auch zu einem Drittel. Denn Potsdam hat – bis auf die abgetragene Garnisonkirche und das immerhin wieder errichtete Stadtschloss – seine architektonischen Höhepunkte alle behalten.
Bekannt wurde die Stadt im 18. Jahrhundert als Wohnort von Friedrich dem Großen im Schloss Sanssouci, erlebte eine zweite Blüte in der Zeit des Klassizismus mit Schinkel und dem Gartenkünstler Lenné und dann in der Romantik unter Friedrich Wilhelm IV., der mit den Schinkel-Schülern Persius und Stüler seiner Italiensehnsucht Ausdruck gab und mit Lenné und dem Fürsten Pückler-Muskau als Gartengestalter ein Preußisches Arkadien schuf. In mehr als einem Jahrhundert entstand so ein Ort, der zu den bedeutendsten in ganz Deutschland gehört.
Dabei hat dieser Ort gar nicht so viele Einwohner, mit rund 160.000 ist sie eine der kleinsten Hauptstädte im Lande.
Aber durch ihre Funktion als Verwaltungssitz und durch die Verbindung zur Millionenstadt Berlin, mit der sie über Autobahnen und S-Bahnzüge optimal verbunden ist, ist sie ein beliebter Wohnort auch für Berliner. Bei Arbeitslosenzahlen von nur 7% hat sie einen in den neuen Bundesländern sehr guten Stand, liegt sie doch im erfolgreichen Speckgürtel um Berlin.
Eine auffällige Besonderheit gibt es in der Stadt, sie hat wie wohl kein anderer Ort in ihren Baustilen Anregungen aus allen Ländern herangezogen. Das begann schon zu Zeiten des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I., der ein ganzes Viertel von Holländischen Architekten für Ansiedler aus diesem Land errichten ließ. Sein Sohn Friedrich II. ließ mehrere Bauten folgen, die an den Stil des Italieners Palladio angelehnt sind, dazu aber auch an den Stil des Engländers Inigo Jones, so die Hiller-Brandtschen Häuser von 1769. Etwa zur gleichen Zeit wurden die beiden Communs am Neuen Palais gebaut, unter Verwendung eines Entwurfs des Franzosen Le Geay. Das Chinesische Teehaus war allerdings voll der Mode der Zeit entsprechend.
Im 19. Jahrhundert entstanden noch weit mehr inspirierte Bauten, nun vornehmlich in italienischem Stil, aber auch in russischem Stil wie die Kolonie Alexandrowka 1826-27. Nach dem Muster einer türkischen Moschee baute Persius das Wasserwerk an der Havel zur Versorgung der Wasserspiele im Park von Sanssouci. In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts wurden dann Schweizerhäuser im Ortsteil Klein Glienicke errichte und auch ein Bayrisches Haus auf dem Schäferberg durfte nicht fehlen. Das sind jeweils nur Einzelbeispiele, eine Auflistung würde fast 5 Seiten füllen.
Nicht unerwähnt sei an dieser Stelle, dass wegen der Nähe zu Berlin Potsdam auch eine nicht geringe Rolle spielte bei der Entwicklung der Architektur der Klassischen Moderne. Ludwig Mies van der Rohe baute dreimal in der Villenkolonie Neubabelsberg ebenso wie Hermann Muthesius und Alfred Grenander, in Bornim stehen zwei Häuser von Hans Scharoun und auf dem Telegraphenberg steht der Einsteinturm von Erich Mendelsohn.