Historisch verbunden: die Altmark
Der Askanier Albrecht der Bär wurde im Juni 1157 mit der Mark belehnt, die ihren Namen zwar von der Stadt Brandenburg an der Havel entlehnt hatte, dennoch zunächst von der Stadt Stendal aus regiert wurde. Erst dreihundert Jahre später, die Askanier waren ebenso Geschichte wie die folgenden Wittelsbacher und Luxemburger, wurde der Regierungssitz nach Berlin verlegt. Bis 1815 war dieses Gebiet mit der Mark verbunden und wurde erst bei der Neuregulierung nach dem Wiener Kongress als „Altmark“ abgetrennt zur Preußischen Provinz Sachsen und gehört heute zum Nachbarland Sachsen-Anhalt. Die Stadt Havelberg an der Mündung der Havel in die Elbe blieb sogar bis zum Ende des Krieges bei Brandenburg.
Nicht nur weil es geschichtlich verbunden war, sondern auch, weil kunsthistorisch zumindest die östlichen Teile um die Elbe Verbindungen zur Stadt Brandenburg/Havel und zur Kirche in Bad Wilsnack aufweisen, werden wir dieses Gebiet mit in unsere Arbeit einbeziehen. Das gilt aber nur kunsthistorisch, denn um die Kulturlandschaft dieses Gebietes, die als „Fluss-Landschaft Mittelelbe“ direkt mit der „Fluss-Landschaft Brandenburg“ in Verbindung steht, sind Gebietskörperschaften des Nachbarlandes zuständig.
Unter den vier Städten, die wir hier behandeln:
Stendal, Tangermünde, Jerichow und Havelberg
ist die erstgenannte vom Markgrafen Albrecht dem Bären schon 1160 gegründet worden. Sie blühte auf, war von 1359 bis 1517 Mitglied der Hanse und wurde die reichste Stadt der Mark.
Das änderte sich mit dem Aufstand der altmärkischen Städte im 15. Jahrhundert gegen die Biersteuer, Stendal wurde als Regierungssitz durch Berlin ersetzt, verlor die Gerichtsbarkeit und das Münzrecht und sank zuletzt durch den 30jährigen Krieg zur unbedeutenden Ackerbürgerstadt .
Das merkt man heute der Stadt nicht mehr an, denn sie zeigt das Bild einer im Mittelalter groß gewesenen Stadt, mit Dom, zwei weiteren großen Kirchen und beachtenswerten Stadttoren.
Kunsthistorisch von großer Bedeutung sind im Dom St. Nikolaus, der zum Teil von einer Bauhütte aus dem Brandenburgischen Bad Wilsnack errichtet wurde, 22 große Fenster, die in der Zeit von 1430 bis 1460 in verschiedenen Werkstätten gefertigt wurden und von seltener Vollständigkeit sind, nur von den Domen in Köln und Erfurt übertroffen.
Die nur 9 Kilometer südöstlich gelegene Kleinstadt Tangermünde hat schon lange den Beinamen „Märkisches Rothenburg“, denn sie zeigt wie weit und breit keine andere Stadt das Gesicht einer mittelalterlichen Stadt so ungetrübt. Auch hier liegt der Grund in einem Verlust einstiger Bedeutung. Diese Bedeutung war aber von besonderer Art, im 14. Jahrhundert wurde sie vom Kaiser Karl IV., der auch Herr der Mark Brandenburg war, zu seiner Nebenresidenz erkoren und sollte so ausgebaut werden. Das vorgesehene Schloss ist heute zumeist Ruine, die Stephanskirche recht beachtlich, aber aus der Nebenresidenz wurde doch nichts. Die Stadt brannte dann zu Beginn des 17. Jahrhunderts ab und wurde durch Neubauten in Fachwerk ersetzt. Ein großartiges Werk steht aber mitten im Ort: das Rathaus, dessen Ostflügel mit Recht als eine der besten Leistungen deutscher Backsteingotik gilt. Ihr Meister war Hinrich Brunsberg aus Stettin, der auch in Brandenburg an der Havel die Katharinenkirche erbaute.
Der nächst Höhepunkt, auch nicht mehr als 9 km weiter ist die romanische Klosterkirche in Jerichow. Sie wurde zwischen 1144 und 1200 erbaut und gilt als das bedeutendste Denkmal der Romanik im Backsteingebiet. Ihr Innenraum wirkt auf den Besucher, als wäre er zu Beginn des 20. Jahrhunderts gestaltet, er zeigt die klaren Formen, wie man sie von Räumen des Bauhauses erwarten würde.
10 Jahre früher als in Jerichow wurde der Dom in Havelberg begonnen. Er wurde schon 1170 geweiht, brannte aber im Jahre 1269 ab und wurde – allerdings unter Reservierung der romanischen Teile - in gotischem Stil erneuert. Der Bau ist beachtenswert, sein Höhepunkt aber sind die 20 Reliefs mit dazwischen liegenden 14 Einzelfiguren, die vor 1400 von einem Meister geschaffen wurden, der aus dem Kulturkreis der Prager Bildhauer hervorgegangen sein dürfte, allerdings deutlich expressiver als aus Prag gewöhnt.